Valerius Wilhelm Neubeck – »Heimat«

Person

Valerius Wilhelm Neubeck

Ort

Plaue

Thema

Jede Woche ein Gedicht

Autor

Valerius Wilhelm Neubeck

aus: Valerius Wilhelm Neubeck, Gedichte, Liegnitz 1792.

 

Die Audio­fas­sung liest Jens Kirsten.

 

Gerne durch­schwärmt mein Geist die lieb­li­chen Vatergefilde,
hängt an dem Honig­kelch hei­mi­scher Blü­ten so gern,
wiegt sich am Früh­lings­sproß im Nachtigallengehölze,
wühlt in des Frucht­baum­walds duf­ten­den Blü­ten so gern,
schwebt auf den Flü­geln des Wests um die vater­län­di­schen Bäche,
küs­set den Sil­ber­saum jeg­li­chen Well­chens im Flug,
schwingt sich empor mit dem Aar auf jenen zackich­ten Felsen,
wo der Orkan durch­saust eine zer­trüm­merte Burg.
Schrei­tet, ver­traut mit den Hel­den­geis­tern der tap­fe­ren Väter,
über den Est­rich des Saals, wo sie vor Zei­ten geschmaust,
wan­delt umher auf ihrem Begräb­ni­sa­cker und suchet
Wes erha­be­nen Stam­mes mäh­lich ver­lö­schende Spur,
aber fin­det sie nicht und ent­eilt mit erns­ten Gedanken
die­sen ver­öde­ten Denk­mä­lern der vori­gen Zeit.
Sonnt sich am gol­de­nen Strahl des vater­län­di­schen Himmels
über den Wol­ken und sinkt freu­dig hinab in das Tal,
ach, in das lachende Gera­tal, in die Hirtengefilde
Plau­ens und Sie­gel­bachs, hal­lend vom Schellengeläut
röt­li­cher Kühe, die schwim­mend im Dufte der blü­hen­den Kleetrift
durch die Berg­flur ziehn, wo ich als Knabe gespielt.
Säu­met an jeg­li­chem Ort, wo der Kind­heit Sze­nen ihn anwehn,
bald an des Arn­bergs Höhn, bald an der Fri­sche des Borns,
den die Najade des Tals aus ihrer Felsenbehausung
her­zu­spru­deln gebeut, rein wie Blan­du­si­ens Quell.

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