Unangepasst: Die Jenaer Jahre der Ricarda Huch
4 : Am Rähmen: Wohnhaus von Rudolf Lemke und Antje Bultmann-Lemke

Person

Ricarda Huch

Ort

Jena

Themen

Thüringen im Nationalsozialismus

Von 1945 bis zum Ende der DDR

Weibliche Perspektiven

Autor

Katrin Lemke

Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.

Über­quert man den Löb­der­gra­ben, gelangt man in eine kleine Gasse, Am Räh­men, die lei­der fast nichts von ihrem sei­ner­zei­ti­gen Flair als Vor­stadt­gäss­chen im Grü­nen bewah­ren konnte. Hier floss bis in die 1930er Jahre die Lache, ein Neben­arm der Saale, an deren Ufern die Fär­ber und Ger­ber ihre bespann­ten Rah­men auf­stell­ten. Neben der Ton­nen­mühle (mit Mar­kie­rung des höchs­ten jemals gemes­se­nen Saa­le­hoch­was­sers) gibt es nur noch ein nen­nens­wer­tes his­to­ri­sches Gebäude, die Nr.21.

Hier lebte Antje Bult­mann Lemke, geb. 1918, die letzte Sekre­tä­rin und junge Freun­din Ricarda Huchs. In die­sem Haus mit Turm zur Stern­be­ob­ach­tung (das Mitte des 17. Jhd.s als Som­mer­pa­lais für einen der Wei­ma­rer Prin­zen gebaut, spä­ter von dem im 19. Jhd. berühm­ten Phi­lo­so­phen K. Chr. F. Krause als Wohn­haus genutzt und in den 1980er Jah­ren unter Denk­mal­schutz gestellt wurde) ent­stand das letzte Por­trät, für das Ricarda Huch selbst Modell geses­sen hat. Die Freun­din Marie Baum erfuhr per Brief am 20.3.1941: »Ich werde zur Zeit gemalt von dem Mann einer jun­gen Frau, die so rei­zend ist, daß ich ihr nichts abschla­gen kann. Der Mann ist Assis­tenz­arzt in der Psych­ia­tri­schen Kli­nik und malt neben­bei … das Sit­zen ist mir eine Plage, und dann noch als Scheu­sal auf die Lein­wand zu kom­men, ist kein Vergnügen.«

Die­ses Por­trät, ca. 80 x 100 cm groß, zeigt – weit ent­fernt davon, ein »Scheu­sal auf der Lein­wand« wie­der­zu­ge­ben – ein wür­de­vol­les, durch­geis­tig­tes Frau­en­ge­sicht mit müdem, aber doch kon­zen­trier­tem Blick. Es befin­det sich im Pri­vat­be­sitz der Fami­lie Lemke in Cos­peda und kann nur auf Anfrage besich­tigt wer­den. Antje Lemke aber war nicht nur die Ver­mitt­le­rin die­ses Bil­des, son­dern ab 1941 eine Ver­traute der Huch. Nach ihrer Schei­dung von Dr. Rudolf Lemke im Früh­jahr 1942 lebte sie zeit­weise mit im Haus­halt der Fami­lie Huch-Böhm. Zu Ricarda Huch und ihrer Toch­ter Mari­etta Böhm ent­stand eine feste Freund­schaft. Die bei­den jün­ge­ren Frauen teil­ten sich in die Betreu­ung der Älte­ren, sie beglei­te­ten sie im Frühling1945 nach Tau­ten­burg bei Jena, wo sie Schutz vor den Bom­bar­de­ments such­ten, und schließ­lich auch 1947 beim Weg­gang aus Jena über Ber­lin nach Frankfurt/Main.

Antje Bult­mann Lemke zog spä­ter in die USA und nach Kanada, wo sie als Ger­ma­nis­tin und Hoch­schul­leh­re­rin arbei­tete. Sie lebt heute hoch­be­tagt in einem Alters­heim in Phoe­nix, Arizona.

 Unangepasst: Die Jenaer Jahre der Ricarda Huch:

  1. Vom Wohnhaus in die Innenstadt – der Philosophenweg
  2. Marktplatz mit Göhre
  3. Unterm Markt – Romantikerhaus
  4. Am Rähmen: Wohnhaus von Rudolf Lemke und Antje Bultmann-Lemke
  5. Frauengasse: Erinnerung an Kurt Kläber alias Kurt Held
  6. Camsdorfer Brücke: Weihespruch von Ricarda Huch und Grüne Tanne
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