Nils Fiebig – »Der Kampf um Nietzsche. Menschliches, Allzumenschliches von Elisabeth Förster-Nietzsche«

Personen

Elisabeth Förster-Nietzsche

Friedrich Nietzsche

Jens-Fietje Dwars

Ort

Weimar

Thema

Gelesen & Wiedergelesen

Autor

Jens-Fietje Dwars

Erstdruck in Palmbaum 1/2019.

Gele­sen von Jens‑F. Dwars

Das Lama im Kampf

 

Die Reihe Schrif­ten zum Nietz­sche-Archiv. For­schun­gen, Edi­tio­nen, Doku­mente, hrsg. von Bern­hard Fischer und Tho­mas Föhl ist auf dem bes­ten Wege, sich zu einer wah­ren Schatz­kam­mer zu mau­sern. Nach dem vor­bild­lich edier­ten Brief­wech­sel zwi­schen Harry Graf Kess­ler und Eli­sa­beth Förs­ter-Nietz­sche, einem Band zu Nietz­sches Nach­lass und einer ver­dienst­vol­len Auf­ar­bei­tung sämt­li­cher Nietz­sche-Foto­por­träts ist Ende 2018 der vor­lie­gende Band erschie­nen, der erst­mals Licht in die legen­den­um­wo­be­nen Pro­zesse bringt, die Nietz­sches Schwes­ter bis  zu ihrem Lebens­ende aus­ge­foch­ten hat.

Wenn Lamas sich bedrängt füh­len, bespu­cken sie ihr Gegen­über. Nietz­sche gab sei­ner Schwes­ter den wenig schmei­chel­haf­ten Namen »Lama«. Wie sie selbst meinte, weil sie eine so gedul­dige Las­ten­trä­ge­rin sei, die ihm gern und wil­lig zu Diens­ten war. Viel­leicht aber doch, weil sie sich auch ihm gegen­über zu weh­ren wusste. Jeden­falls hat sie oft und wohl auch gern Gift und Galle gespuckt, wenn ihr und ihren Plä­nen jemand in die Quere kam.

Und sie und ihre Pläne, das war ein und das­selbe: Nietz­sches Schwes­ter zu sein, die allein recht­mä­ßige Grals­hü­te­rin der Hin­ter­las­sen­schaf­ten eines Genies. Immer­hin hatte sie tat­säch­lich das Nietz­sche-Archiv geschaf­fen, mit enor­mer Ener­gie den Nach­lass ihres Bru­ders gesam­melt und Edi­to­ren ange­stellt, die schnell immer mehr gefragte Werk­aus­ga­ben herausbrachten.

Dass dabei mehr Ruhm­sucht als Sach­lich­keit im Spiel war, brachte  als ers­ter Rudolf Stei­ner an die Öffent­lich­keit. Andere Stim­men folg­ten wie Franz Over­beck, Carl Albrecht Ber­noulli, Eugen Diede­richs und der Nietz­sche-Mäzen Richard M. Meyer. Gegen sie alle führte EFN teils kost­spie­lige Gerichts­pro­zesse, die für das breite Publi­kum oft unter­halt­same Spek­ta­kel waren. Als 1930 die Schutz­rechte am Nach­lass ihres Bru­ders aus­lie­fen und ihr Archiv vor dem Bank­rott stand, sicherte sie sich in einem letz­ten Pro­zess noch die Urhe­ber­rechte für ihre Zusam­men­stel­lung des Wil­lens zur Macht.

So macht­hung­rig sich EFN in die­sem Band zu erken­nen gibt, dür­fen wir eines nicht ver­ges­sen: Diese Frau war in eine Män­ner­do­mäne ein­ge­bro­chen und hatte gelernt, die Waf­fen der Män­ner zu gebrau­chen: auch die der Rechtsverdreherei.

 

  • Nils Fie­big – »Der Kampf um Nietz­sche.  Mensch­li­ches, All­zu­mensch­li­ches von Eli­sa­beth Förs­ter-Nietz­sche«, Wei­ma­rer Ver­lags­ge­sell­schaft 2018, 288 S., mit s/w Abb., geb., EUR 36.
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