Michael Wüstefeld – »Gegenwärtige Vergangenheit. Gedichte aus vierzig Jahren«

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Frank Quilitzsch

Wulf Kirsten

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Erfurt

Weimar

Thema

Gelesen & Wiedergelesen

Autor

Frank Quilitzsch

Erstdruck in: Thüringer Allgemeine, Thüringische Landeszeitung, Ostthüringer Zeitung vom 23.07.2020. / Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Poetischer Gleichklang

Der Wei­ma­rer Wulf Kirs­ten hat eine Gedicht­aus­wahl des Dresd­ner Michael Wüs­te­feld herausgegeben

Von Frank Quilitzsch

 

Es gibt Dich­ter­freund­schaf­ten, und manch­mal gibt es sogar enge Bin­dun­gen zwi­schen Dich­tem und Ver­lags­lek­to­ren, die ein Leben lang hal­ten, zumal wenn der Lek­tor eben­falls ein Dich­ter ist. Vor etwa vier­zig Jah­ren haben sich der dama­lige Ver­tre­ter des Auf­bau-Ver­lags Wulf Kirs­ten und ein jun­ger Poet namens Michael Wüs­te­feld bei einer Tagung in Bad Saa­row ken­nen­ge­lernt. »Eine nach­rü­ckende Genera­tion mel­dete Mit­spra­che­recht an«, erin­nert sich der Wei­ma­rer Kirs­ten. Offen­bar sind sich beide her­nach immer wie­der begeg­net, auch in Thü­rin­gen, wie man dem Kirs­ten gewid­me­ten Gedicht »Gleich­berg im Mai« von Wüs­te­feld aus dem Jahr 2013 ent­neh­men darf. »Noch ein­mal auf den Gleich­berg gestie­gen« , heißt es da. »Nicht Gleich­mut gleich­wohl Gleich­klang / waren uns ange­tra­gen / und gleich­zei­tig zu sehen / zum Ende mei­nes – unse­res – Horizonts«.

Der Gleich­klang hält bis heute, denn gerade hat der 86-jäh­rige Wulf Kirs­ten dem nun­mehr 69jährigen »Schützling«und Kol­le­gen eine Lyrik­aus­wahl besorgt: »Gegen­wär­tige Vergangenheit«mit Gedich­ten aus vier­zig Jah­ren. Sie ver­bin­det frühe Gedichte aus der Zeit der DDR­Poe­ten­be­we­gung mit ein­drucks­vol­len »Hei­mat« ‑Gesän­gen auf Dres­den und das Elb­tal und spä­te­ren, eher bilan­zie­ren­den Versen.

Der auf­säs­sige, sich und andere her­aus­for­dernde Ton ist von Anfang an spür­bar. »Ich werde die­ses Land heim­su­chen / mit Wör­tern und begin­nen­den Lie­dern«, heißt es etwa. Oder: »Ich geh in die Wie­sen / Weg von gesi­cher­ten Spuren…«Oder: »Bald geht durch unser Haus ein Riss…«. So ähn­lich arti­ku­lierte sich sei­ner­zeit in der DDR die Genera­tion Kolbe-Mensching-Wenzel.

»Seine Auf­brü­che sind Aus­brü­che aus dro­hen­der Abstump­fung durch Gewöh­nung«, schreibt Wulf Kirs­ten im Nach­wort über den »geist­rei­chen Wort-Arbei­ter«. Wüs­te­feld sei »kein Aben­teu­rer. So ist es ihm auch wich­tig, mit­ten in sei­ner Sess­haf­tig­keit Unru­he­herde so genau und detail­liert wie mög­lich wahrzuhaben.«

Am Ende bedankt sich der Dich­ter bei sei­nem treuen Her­aus­ge­ber, der wahr wer­den ließ, was er bei einer gemein­sa­men Tour durchs Grab­feld ein­mal gesagt haben soll: »Bevor einer von uns ins Grab fällt, ist es an der Zeit für eine Wüstefeld-Auswahl.

 

  • Michael Wüs­te­feld: Gegen­wär­tige Ver­gan­gen­heit. Gedichte aus vier­zig Jah­ren, mit Bil­dern von Peter Graf, hg. und mit einem Nach­wort von Wulf Kirs­ten, Ver­lag Schumacher/Gebler, Dres­den 2020, 22 €.
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