Hans Christian Andersen in Thüringen
6 : Zu Gast im Kirms-Krackow-Haus

Der Frei­herr von Beau­lieu-Mar­con­nay, Ander­sens neuer Freund, stellte ihm groß­zü­gig einige Räume in dem von ihm bewohn­ten Kirms-Krac­kow-Haus zur Ver­fü­gung. Kaum in Wei­mar ange­kom­men, erwar­tete Ander­sen bereits der erste Ball.  Gene­ral­ma­jor Hein­rich Emil Fried­rich August von Beul­witz hatte gela­den und der Adel Wei­mars fand sich in des­sen Resi­denz am Carls­platz, dem spä­te­ren Goe­the­platz, ein. Dort trifft Ander­sen auch auf Carl Alex­an­der, der ihm ent­ge­gen­fliegt und ver­si­chert, dass allein die in der Öffent­lich­keit erwar­tete Con­ten­ance ihn daran hin­dere, herz­li­cher zu wer­den. Umso inni­ger gestal­tet sich das Tref­fen am dar­auf­fol­gen­den Tag, nun wie­der auf Schloss Etters­burg. Carl Alex­an­der, weiß Ander­sen zu berich­ten, drückte mich an seine Brust, küßte mich meh­rere Male, dankte mir für seine Liebe zu ihm  und ent­lässt ihn erst, als Staats­an­ge­le­gen­hei­ten nach ihm rufen.

Der nächste Tag birgt eine Über­ra­schung für den Dänen. Wie­der auf Etters­burg fällt Carl Alex­an­der gleich mit der Tür ins Haus. Er, Ander­sen, solle ein­mal kom­men und für immer bei ihm in Wei­mar blei­ben . Auf des­sen Erwi­de­rung, das er seine Hei­mat liebe, ant­wor­tet der junge Mann nüch­tern: Aber wir Deut­schen schät­zen Sie mehr als die Dänen! Dar­auf lässt sich wenig erwi­dern. Im eige­nen Land macht man es ihm wirk­lich schwer, und ein gewis­ser Herr Kir­ke­gaard lässt kein gutes Haar an sei­nen Geschich­ten. Aber er liebt sein Däne­mark trotz allem.
Nun, dann woh­nen Sie abwech­selnd bei uns und dort, geben Sie mir ihre Hand! Ander­sen schlug ein, wohl wis­send, dass es ihm nie­mals mög­lich sein würde, die­ses Ver­spre­chen zu hal­ten. Zu sehr bedurfte er der Frei­heit, als dass er sich an einem Ort allein, und dann noch außer­halb sei­nes Lebens­zen­trums Kopen­ha­gen, für län­gere Zeit nie­der­las­sen könnte. Immer­hin hatte Ander­sen jetzt einen klei­nen Vor­ge­schmack vom Selbst­ver­ständ­nis des zukünf­ti­gen Mon­ar­chen bekom­men, wel­cher seine Wün­sche als Befehle ver­stan­den wis­sen wollte, nicht als Bitten.

Wäh­rend eines Gesprä­ches zwi­schen dem Erb­groß­her­zog und Ander­sen kom­men die bei­den auf die Rei­sen des Dich­ters zu spre­chen. Ob er denn, fragt Carl Alex­an­der, alleine reise. Ander­sen ist ob der Frage ver­wun­dert, lässt sich jedoch nichts anmer­ken und bejaht sie. Also nur mit ihrem Kam­mer­die­ner, ergänzt dar­auf­hin der welt­fremde Mon­ar­chen­spröß­ling. Ander­sen lässt es dabei bewenden.

 Hans Christian Andersen in Thüringen:

  1. Hotel »Zum Erbprinz« - Der Dichter trifft ein
  2. Bei Goethe vor verschlossenen Türen
  3. Zu Gast auf Schloss Ettersburg
  4. Besuch in der Fürstengruft
  5. Briefwechsel mit Carl Alexander
  6. Zu Gast im Kirms-Krackow-Haus
  7. »Abends bei Wolff, hier traf ich Hase« - Andersen in Jena
  8. Andersen auf der Wartburg
  9. Begegnung mit Franz Liszt
  10. Vor dem letzten Besuch in Weimar
  11. Die Grundsteinlegung des Carl-August-Denkmals
  12. Die Einweihung des Goethe- und Schiller-Denkmals
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