Fragen an Annekathrin Peters, Inhaberin der Buchhandlung am Topfmarkt in Suhl

Ort

Suhl

Thema

Buchhändlerinnen und Buchhändler im Gespräch

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Website der Buchhandlung am Topfmarkt in Suhl

Autor

Annekathrin Peters / Jens Kirsten

Thüringer Literaturrat e.V.

Jens Kirs­ten: Seit wann gibt es Ihre Buch­hand­lung und seit wann arbei­ten Sie in ihr?

Anne­kath­rin Peters:

Die Buch­hand­lung am Topf­markt gibt es seit dem 1. August 2014. Ich bin eigent­lich Biblio­the­ka­rin von Beruf, habe in den 1970er Jah­ren eine biblio­the­ka­ri­sche Aus­bil­dung durch­lau­fen und spä­ter noch Biblio­theks­wis­sen­schaf­ten stu­diert. Durch den poli­ti­schen Umbruch 1989/1990 habe ich dann nicht mehr in dem Beruf gear­bei­tet, son­dern ver­schie­dene andere Tätig­kei­ten ausgeübt.

Zur Buch­hand­lung muss ich noch sagen, dass es an die­ser Stelle seit 2000 bereits eine Buch­hand­lung gab. Als mein Vor­gän­ger, Wolf­gang List, 2014 in den Ruhe­stand ging, sah ich meine Chance für einen Neu­be­ginn. Ich habe die »Rim­bach-Buch­hand­lung« nicht über­nom­men, son­dern drei Monate spä­ter die »Buch­hand­lung am Topf­markt« am glei­chen Stand­ort neu eröff­net. In der »Rim­bach-Buch­hand­lung« hatte ich zuvor hin und wie­der aus­hilfs­weise gear­bei­tet und daher kannte ich sie sehr gut. Da natür­lich die Ver­mie­tung der Laden­flä­che eine Rolle spielte, musste ich meine Ent­schei­dung sehr schnell tref­fen. Ohne den gewis­sen Zwang, sich recht spon­tan ent­schei­den zu müs­sen, hätte ich viel­leicht nicht zuge­sagt. Heute bin ich für die­sen Zug­zwang dank­bar. Dass ich die Buch­hand­lung am Topf­markt neu eröff­net haben, habe ich bis­lang kei­nen Augen­blick bereut.

Die Kon­kur­renz durch andere Buch­hand­lun­gen spielt da sicher auch eine Rolle?

In Suhl gibt es das alt­ein­ge­ses­sene Buch­haus Suhl, eine sehr große Buch­han­dung, und seit eini­ger Zeit eine Welt­bild-Filiale. Beide lie­gen nur wenige hun­dert Meter von mei­ner Buch­hand­lung ent­fernt. Aber das trägt sich in Suhl. Demo­gra­fisch sind wir eine recht alte Stadt. Der Alters­durch­schnitt liegt bei 50plus. Natür­lich gibt es auch Kin­der, aber bei den jun­gen Erwach­se­nen merkt man deut­lich ein Defi­zit. Suhl ist keine Uni­ver­si­täts­stadt und sehr viele junge Men­schen gehen aus Suhl weg, um eine Aus­bil­dung oder ein Stu­dium zu absolvieren.

Und das schlägt sich im Ver­kauf der Bücher auch nieder?

Viel jun­ges Publi­kum haben wir in unse­rer Buch­hand­lung nicht, aber unter den Älte­ren haben wir ein gro­ßes Stamm­pu­bli­kum, das durch­aus regel­mä­ßig Bücher kauft. Natür­lich füh­ren wir keine Sta­tis­tik. Viele kom­men davon wahr­schein­lich nur zu uns, aber etli­che gehen auch in die ande­ren Buch­hand­lun­gen. Ich glaube, dass jede Buch­hand­lung in Suhl ihre Berech­ti­gung hat und wir kön­nen gut neben­ein­an­der exis­tie­ren. Manch­mal kom­men Kun­den, die sagen, dass sie die Kol­le­gen aus einer der ande­ren Buch­hand­lung zu uns geschickt haben – und wir machen es in den Fäl­len, wo wir nicht unmit­tel­bar hel­fen kön­nen, umgekehrt.

Gibt es bei Ihnen auch tou­ris­ti­sche Kundschaft?

Tou­ris­ti­sche Kund­schaft haben wir sowohl im Som­mer als auch im Win­ter, da Ober­hof ganz in der Nähe von Suhl liegt. Wenn Ferien sind, mer­ken wir das – und viele sagen auch, dass sie in Suhl zu Besuch sind. Natür­lich ken­nen wir nicht jeden Ein­woh­ner der Stadt, so dass wir nicht jeden ken­nen, der nicht zu den häu­fi­ge­ren Kun­den gehört.

Wie sieht ein typi­scher Arbeits­tag bei Ihnen aus?

Ich komme in der Regel so gegen drei­vier­tel Zehn in die Buch­hand­lung, je nach dem, wel­che Vor­be­rei­tun­gen für den jewei­li­gen Tag zu tref­fen sind. Zunächst nehme ich die Bücher­kis­ten in Emp­fang, die der Groß­händ­ler gelie­fert hat, sor­tiere die neu ein­ge­trof­fe­nen Bücher ein. Die finan­zi­el­len Dinge sind zur erle­di­gen und um 10 Uhr öff­net die Buch­hand­lung. Je nach Jah­res­zeit füllt sich die Buch­hand­lung dann mit Leben. Kurz nach dem Weih­nachts­ge­schäft ist es etwas ruhi­ger als vor Weih­nach­ten oder um die Buch­mes­sen herum. Anfang des Jah­res kom­men viele Ver­tre­ter, die Neu­erschei­nun­gen vor­stel­len. So gibt es auch immer genü­gend zu tun, was nicht unmit­tel­bar mit den Kun­den zu tun hat.

Spie­len die Buch­mes­sen für Sie als Anre­ger eine Rolle?

Ich fahre regel­mä­ßig zur Leip­zi­ger Buch­messe. Die Messe ist jedoch für das Sor­ti­ment der Buch­hand­lung nicht aus­schlag­ge­bend. Ich fahre weni­ger auf die Buch­messe, um neue Bücher zu ent­de­cken, das pas­siert über die  Vor­schauen, durch die ich mich zum Zeit­punkt der Messe längst durch­ge­ar­bei­tet habe, wobei hier auch vie­les aus­zu­sor­tie­ren ist – wie etwa juris­ti­sche Fach­li­te­ra­tur und ähn­lich spe­zi­elle The­men. Hin und wie­der teffe ich mich auf der Messe auch mit einem Ver­lags­ver­tre­ter. Aber in ers­ter Linie sind die Mes­se­be­su­che der beson­de­ren Atmo­sphäre der Messe geschul­den, wo man Autoren und Ver­le­gern direkt begeg­net. Beson­ders inter­es­sie­ren mich auf der Messe schöne Bücher.

Apro­pos Vor­schauen, Ver­tre­ter und Neu­erschei­nun­gen. Kom­men sehr viele Ver­tre­ter zu Ihnen?

Ohne vor­he­rige Ver­ab­re­dung kom­men keine Ver­te­ter zu mir. Über die Jahre weiß man von­ein­an­der und ver­ab­re­det sich dann jeweils. Hin und wie­der geschieht es, dass ein Ver­tre­ter außer der Reihe anruft, der mir seine Bücher vor­stel­len möchte. Da lässt sich schnell ein­schät­zen, ob die von ihm ver­tre­te­nen Bücher für uns von Inter­esse sind oder nicht. In den letz­ten Jah­ren habe ich die Besu­che der Ver­tre­ter deut­lich ein­ge­schränkt, da auch die Groß­händ­ler, mit denen wir einen Ver­trag schlie­ßen, erwar­ten, dass man eine gewisse Menge an Büchern abnimmt. Den­noch haben die Ver­tre­ter­be­su­che den Vor­teil, dass diese die Bücher gele­sen haben und einem weit mehr über ein Buch sagen kön­nen, als man es aus der Vor­schau erfährt. Im übri­gen gilt es, die Bücher selbst zu lesen und Bescheid über das zu wis­sen, was man schließ­lich verkauft.

Als Biblio­the­ka­rin hat­ten Sie frü­her den Mitt­woch als Lese­tag. Wir bewäl­ti­gen Sie heute Ihr Lesepensum?

Selbst­ver­ständ­lich kann ich nicht jedes Buch lesen, das ich bestelle und ver­kaufe. Aber wenn es um Bücher geht, die mich selbst beson­ders inter­es­sie­ren und die ich mei­nen Kun­den emp­fehle, dann lese ich sie natür­lich vor­her. Auch aus den Büchern, die etwa auf der Liste für den Preis der Leip­zi­ger Buch­messe ste­hen, muss ich eine Aus­wahl tref­fen. Ein Buch, für das man sich selbst inter­es­siert, an dem man Anteil nimmt, kann man natür­lich ganz anders emp­feh­len. Dafür bin ich Buchhändlerin.

Gibt es Rück­mel­dun­gen von Kun­den auf emp­foh­lene Bücher?

Ja, die gibt es und des­halb kom­men die Kun­den wie­der zu uns. Aber es gibt natür­lich auch Bücher, die man liest und wäh­rend des­sen fest­stellt, dass man das Buch nicht mit gutem Gewis­sen emp­feh­len kann. Wenn­gleich es bei uns in ers­ter Linie darum geht, Bücher zu ver­kau­fen, geht es mir nicht darum, den Kun­den Bücher wider bes­se­res Wis­sen zu emp­feh­len. Bei jedem Buch, das ich bekomme, lese ich zunächst den Klap­pen­text. Wenn Ver­tre­ter ein Buch als Spit­zen­ti­tel anprei­sen, ist dass für mich – zumin­dest ohne eigene Bewer­tung – kein Maß­stab, nach­dem ich das Buch weiterempfehle.

Wie ist denn das Ver­hält­nis zwi­schen den Kun­den, die ein bestimm­tes Buch kau­fen wol­len und denen, die sich bera­ten lassen?

Die meis­ten Kun­den, die zu uns kom­men oder bei uns anru­fen, wis­sen genau, wel­ches Buch sie haben möch­ten. Kun­den, die für sich etwas Neues ent­de­cken möch­ten, die kom­men zu uns in die Buch­hand­lung und schauen sich um. Es gibt natür­lich auch die, die für eine Per­son oder einen Anlass ein pas­sen­des Buch suchen. Die bil­den im wesent­li­chen das Gros derer, die auf eine Emp­feh­lung aus sind.

Sehen Sie in der zuneh­men­den Digi­ta­li­sie­rung des Buch­mark­tes eine Bedro­hung für das Buch?

Zunächst muss ich sagen, dass ich nicht sehen kann, wer bei Ama­zon kauft, sei es ein Kunde der Buch­hand­lung oder nicht. Von unse­ren Kun­den höre ich jedoch häu­fig, dass sie sagen, dass sie ein Buch im Inter­net gefun­den haben und es gern bei uns in der Buch­hand­lung bestel­len und regio­nal kau­fen möch­ten. Von mei­nen Vor­gän­gern weiß ich, dass vor dem Erstar­ken des Inter­net­han­dels wesent­lich mehr Kun­den in ihre Buch­hand­lung kamen, dass aber auch die demo­gra­phi­sche Struk­tur der Ein­woh­ner Suhls eine andere war. Viele der Suh­ler sind in den ver­gan­ge­nen 20 Jah­ren in andere Bun­des­län­der gezo­gen. Hier spielte und spielt ins­be­son­dere der Weg­zug jun­ger Leute eine ent­schei­dende Rolle, die zum Stu­dium gehen und spä­ter nicht zurück­kom­men. Die jun­gen Leute, die zu uns kom­men, sind vor­wie­gend Gymnasiasten.

Den­ken Sie, dass sich der Buch­markt in den kom­men­den Jah­ren ver­än­dern wird?

Ich denke, dass die Kun­den, die heute zu uns kom­men, uns treu blei­ben wer­den. Viele set­zen hier einen Akzent gegen die Anony­mi­tät des Inter­nets. Und letzt­lich geht es darum, die Innen­städte nicht aus­ster­ben zu las­sen. Viele Geschäfte sind aus der Innen­stadt bereits ver­schwun­den. Bei Geschäfts­auf­ga­ben ste­hen Laden­lo­kale immer häu­fi­ger lange Zeit leer und wenn Läden neu eröff­net wer­den, hal­ten sie sich nicht sel­ten nur für kurze Zeit.

Wel­che Rolle spielt regio­nale Lite­ra­tur in Ihrer Buchhandlung?

Wir haben einen klei­nen Bereich mit regio­na­ler Lite­ra­tur. Es ver­geht kaum eine Woche, in der wir aus die­sem Bereich nichts ver­kau­fen. Die Leute sind inter­es­siert an regio­na­len The­men. Sicher spielt da vor­wie­gend Wan­der­li­te­ra­tur eine Rolle, im bel­le­tris­ti­schen Bereich haben wir eine Reihe von regio­na­len Kri­mis. Bücher zur Kul­tur­ge­schichte, vor allem, wenn sie in der Presse bespro­chen wer­den, fra­gen die Kun­den nach. Einen Autor wie Lan­dolf Scher­zer, der in Dietz­hau­sen lebt, aber auch weit über die Region bekannt ist, ken­nen die Leser in Suhl selbst­re­dend. Mit ihm sind sie seit vie­len Jah­ren ver­bun­den und kom­men immer zu sei­nen Lesun­gen, sei es zum Pro­vin­zschrei oder zu einer Buch­pre­miere. Einige sei­ner Titel von ihm haben wir immer vorrätig.

Füh­ren Sie auch Lesun­gen durch?

Ja, aber in über­schau­ba­rer Anzahl. Unlängst hat­ten wir eine aus­ver­kaufte Lesung mit Ste­fan Schwarz im Con­gress Cen­trum Suhl, zu der 150 Besu­cher kamen. Sonst fin­den die Lesun­gen auch bei uns in der Buch­hand­lung statt. In die Buch­hand­lung pas­sen etwa 50 Besu­cher. Wenn regio­nale Autoren lesen oder der Süd­thü­rin­ger Lite­ra­tur­ver­ein, kom­men nicht soviele Gäste, dass wir außer­halb der Buch­hand­lung einen Ver­an­stal­tungs­ort fin­den müssen.

Gibt es Koope­ra­tio­nen mit Ver­an­stal­tern von Lesun­gen wie dem Pro­vinz­kul­tur e.V.?

Ja. die gibt es. Zur Biblio­thek haben wir sehr gute Bezie­hun­gen und beim Pro­vin­zschrei dür­fen wir bei allen Ver­an­stal­tun­gen, wo es sich anbie­tet, einen Bücher­tisch aus­rich­ten. Das ist für uns sehr gut. Und die guten Besu­cher­zah­len beim Pro­vin­zschrei spre­chen für sich. Der Ver­kauf gestal­tet sich dabei ganz unter­schied­lich. Als Domi­ni­que Hor­witz vor weni­gen Jah­ren bei uns las, konn­ten wir die Bücher kaum schnell genug aus­pa­cken, um dem Inter­esse der Käu­fer nach­zu­kom­men. Bei einer Lesung von Cle­mens Meyer hin­ge­gen, der alles andere als ein Unbe­kann­ter und ein guter Autor ist, war der Ver­kauf wider Erwar­ten nicht so gut. Oft ordert man zuviele Bücher, aber es ist bes­ser etwas mehr zu haben, als zuw­we­nig. Bei Bücher­ti­schen ist alles möglich.

Spielt das schöne Buch für Ihre Kun­den eine Rolle? Wie sieht es mit dem Inter­esse der Kun­den dafür aus?

Das schöne Buch berei­tet mir per­sön­lich große Freude. Direkt neben dem Laden­tisch haben wir eine Flä­che zur Prä­sen­ta­tion für schöne Bücher. Dane­ben fin­den sich in der Buch­hand­lung, in der mög­lichst viel offen gezeigt wird, über­all Berei­che, wo wir schöne Bücher beson­ders her­aus­stel­len kön­nen. Bei die­sen Büchern ver­kehrt sich das Ver­hält­nis von bekann­ten und bestell­ten Büchern und emp­foh­le­nen Büchern. Die schö­nen Bücher ent­de­cken die Kun­den oft erst dann für sich, wenn sie sie ein­mal in die Hand neh­men konnten.

Gibt es etwas, was Sie als Buch­händ­le­rin beson­ders freut und etwas, das Sie betrübt?

Es gibt kaum etwas, was mich als Buch­händ­le­rin betrübt. Selbst wenn Kun­den, die zu uns in die Buch­hand­lung kom­men sich nur umschauen, ohne etwas zu kau­fen, bin ich Ihnen nicht böse. Sie kom­men viel­leicht spä­ter wie­der. Mich freut beson­ders, dass ich nach der lan­gen Zeit der Nach­wen­de­jahre, in denen ich ver­schie­dene Berufe aus­übte, zu mei­nen Wur­zeln zurück­keh­ren konnte und dass ich mich in der Buch­hand­lung sehr frei fühle. In den letz­ten drei Jah­ren konn­ten wir den Umsatz in jedem Jahr stei­gern, das Sor­ti­ment ver­grö­ßern. Damit hat sich die Attrak­ti­vi­tät der Buch­hand­lung für unsere Kund­schaft ganz all­ge­mein erhöht.

Frau Peters, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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