Christine Hansmann – »Des Lichtes und der Schönheit halber«

Personen

Christine Hansmann

Dietmar Ebert

Ort

Weimar

Thema

Gelesen & Wiedergelesen

Autor

Dietmar Ebert

Thüringer Literaturrat e.V. / Die Reihe »Gelesen & Wiedergelesen« entstand mit freundlicher Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei.

Gele­sen von Diet­mar Ebert

Feinste Schwin­gun­gen

 

Nach ihrem ers­ten Gedicht­band Flucht ins Gelände (2012) und ihrer lyri­schen Prosa Dun­kel­kam­mer (2013) hat Chris­tine Hans­mann in die­sem Früh­jahr ihren zwei­ten Gedicht­band Des Lich­tes und der Schön­heit hal­ber vor­ge­legt. Er ist als Band 44 der »Edi­tion Muschel­kalk« erschie­nen und mit einem sehr ein­fühl­sa­men Nach­wort von André Schin­kel ver­se­hen. Wie alle bis­he­ri­gen von der Lite­ra­ri­schen Gesell­schaft Thü­rin­gen e.V. her­aus­ge­brach­ten Bände die­ser Edi­tion ist er im Wart­burg Ver­lag Wei­mar erschienen.

Chris­tine Hans­mann hat Gesang an der Leip­zi­ger Musik­hoch­schule »Felix Men­dels­sohn-Bar­tholdy« stu­diert und war von 1989 – 2014 als Sän­ge­rin am Natio­nal­thea­ter Wei­mar enga­giert. Sie hat das Glück, dass ihre Sprech­stimme ebenso wohl­tö­nend klingt wie ihre Gesangs­stimme. So gestal­tet sie heute als Spre­che­rin lite­ra­ri­sche Pro­gramme und hat als Lyri­ke­rin ihre eigene Spra­che gefunden.

Ihren neuen Lyrik-Band hat Chris­tine Hans­mann ihrer Mut­ter Jutta Eli­sa­beth Bern­hardt (1926 – 1989) gewid­met. Das Gedicht Land­gang, des­sen letz­ter Vers gleich­zei­tig dem Band sei­nen Titel gibt, ist den fünf Abschnit­ten Gezei­ten, Herz­bube, Inschrift, Abglanz und Schwin­gun­gen vorangestellt.

Im ers­ten Abschnitt spürt die Autorin der Fami­li­en­tra­di­tion nach, legt sie gene­tisch und kul­tu­rell Ererb­tes in der eige­nen Bio­gra­phie frei. Beson­ders anrüh­rend sind die Gedichte Her­kunft (S.11) und Alche­mie (S. 20). Der zweite Abschnitt ver­sam­melt Lie­bes­ge­dichte, von denen vor allem Lie­blie­der (S. 22) und das wun­der­bare sie­ben­tei­lige Lang­ge­dicht Moment­weise (S. 28 – 33) im Gedächt­nis haf­ten bleiben.

Im drit­ten Seg­ment fin­den sich Gedichte zu Zeich­nun­gen Paul Klees, zu Farb­holz­schnit­ten des Wei­ma­rer Malers und Gra­phi­kers Mar­tin Max und zu einer Skulp­tur des eben­falls in Wei­mar leben­den Bild­hau­ers Wal­ter Sachs.

Der vierte Abschnitt ent­hält vor allem von der sanft hüge­li­gen Thü­rin­ger Land­schaft und von den Jah­res­zei­ten inspi­rierte Gedichte. Zu den ein­präg­sams­ten gehö­ren Kirsch­baum (für Tho­mas Rosen­lö­cher – S. 56) Nacht (S. 57) und Am Stern (S. 58).

Mit Schwin­gung klingt der Band aus. Zwei der Dich­te­rin Gisela Kraft gewid­mete Gedichte und das dem lang­jäh­ri­gen Inspi­zi­en­ten des Wei­ma­rer Natio­nal­thea­ters Rudolf Wal­lack zug­eig­nete Epi­taph gehö­ren zu den schöns­ten des Schluss­ta­bleaus und des gan­zen Bandes.

André Schin­kel hat in sei­nem empa­thi­schen Nach­wort beschrie­ben, wie Chris­tine Hans­mann bestän­dig nach der ihr gemä­ßen lyri­schen Form sucht. Nichts Erup­ti­ves, die Form Zer­bre­chen­des gibt es in ihnen. Ruhig pul­siert der Rhyth­mus ihrer fili­gra­nen lyri­schen Gebilde. Man­che blei­ben sehr schlank, fast haiku-artig. In andere strömt der volle Atem der Dich­te­rin, ohne dunkle Schwere zu bewirken.

Leicht blei­ben ihre Gedichte wie zarte Gesänge. Sie klin­gen und rüh­ren damit die Leser­schaft an.  Offen­bar hat Chris­tine Hans­mann Vie­les ihrer Men­to­rin Gisela Kraft zu dan­ken. Doch auch die Strenge gegen­über ihren eige­nen Gedich­ten ist spürbar.

Sie hat ihr Maß gefun­den. Inspi­ra­ti­ons­quelle sind für sie Natur, Land­schaft, ihr »Her­zens­ort« Wei­mar und die Men­schen, mit denen sie ein Stück ihres Lebens geteilt hat.  »Äußere und innere« Wirk­lich­keit, Eins­ti­ges und Heu­ti­ges, Natur und Kul­tur sind in ihren Gedich­ten auf musi­ka­li­sche Weise ver­wo­ben. Ihre fei­nen, lyri­schen Gebilde sind musi­ka­lisch geformte Sprache.

Chris­tine Hans­manns neuem Lyrik-Band liegt eine Ring­struk­tur zu Grunde. Musi­ka­lisch gespro­chen ist es eine Rondo-Form. Archi­tek­to­nisch-bild­künst­le­risch gedacht ist es die Form des »Ron­dells« (André Schinkel).

Vom ers­ten Gedicht Land­gang bis zum letz­ten Gisela Kraft gewid­me­ten Gedicht ›Heim­weg‹ wird ein wei­ter Bogen gespannt. Der Kreis schließt sich.

 

dein Ort ist hier ist anders-
wo sitzt du, schreibst
mit Wasserzeichen,

schräg ins Abendlicht
fal­len die Trop­fen, denke
ich leise dir nach.

 

Der ›Heim­weg‹ führt uns Leser nach Hause. Dort ange­kom­men, sei allen Lyrik-Freun­den Chris­tine Hans­manns neuer Gedicht­band  emp­foh­len. »Des Lich­tes und der Schön­heit halber.«

 

  • Chris­tine Hans­mann: Des Lich­tes und der Schön­heit hal­ber. Gedichte, Edi­tion Muschel­kalk, Wart­burg Ver­lag Wei­mar 2017.
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