Andreas Reimann – »Poetenmuseum«

Personen

Andreas Reimann

Matthias Biskupek

Ort

Weimar

Thema

Gelesen & Wiedergelesen

Autor

Matthias Biskupek

Thüringer Literaturrat e.V. / Erstdruck in: Palmbaum, Heft 1/2017. / Die Reihe »Gelesen & Wiedergelesen« entstand mit freundlicher Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei.

Mat­thias Biskupek

Der Kunst­sin­nige in Weimar

 

»es muss der dich­ter, des chro­nis­ten gast, / will er ein kleid kre­ieren, far­ben­reich, / nur licht und schat­ten anein­an­der nähen.« So stehts im NACHWORT, das Andreas Rei­mann ans Ende sei­ner Wei­mar-Gedichte setzte. Den Schat­ten Wei­mars ken­nen wir seit Hei­nes »Musen­wit­wen­sitz«, spä­tes­tens als Egon Erwin Kisch den »Natur­schutz­park der Geis­tig­keit« ent­deckte. Die wech­sel­sei­tige Ver­eh­rung Hit­ler-Wei­mar warf wohl den längs­ten Schat­ten bis hin­auf zum Ettersberg.

Wei­mars Licht wurde hin­ge­gen in der DDR hef­tig zele­briert, offi­zi­ell. Denn es gab immer viele Leute, die den Dop­pel­cha­rak­ter der thü­rin­gi­schen Resi­denz nicht nur an Buchen­wald fest­ma­chen konnten.

Der Dich­ter Andreas Rei­mann, Leip­zi­ger von Geburt und aus Beru­fung, ein For­ma­list im bes­ten Sinne, der Reim und Rhyth­mus beherrscht, hat mit Wei­mar, wo »thü­rin­ger würste nach lor­be­er­laub duf­ten« ein Feld gefun­den, das er groß­ar­tig beackern konnte. Der Titel »Poe­ten-Museum« steht dafür. Für NIETZSCHE ERINNERN wählt er den hohen reim­lo­sen Ton, die Drei­ecks­ver­hält­nisse der Wei­ma­rer ver­sieht er mit drei­fa­chem End­reim. Thea­ter in Wei­mar macht bei ihm ein »regies­seur«, den wir gar nicht als Druck­feh­ler deu­ten mögen. Walt­her von Goe­the hat ein »leblang geramscht (…) geheim­rats­ge­rüm­pel« und dem BAUHAUS wid­met Rei­mann ein kunst­voll geteil­tes Sonett. Die ELEGIE IN BUCHENWALD, immer­hin von 1964, ent­hält diese Verse »… auf dass die gäste erfüh­ren: / hier for­dert die trauer tri­but? / Da dröh­nen die auto­tü­ren / schon als ein zynisch salut.«

Gele­gent­lich erklärt der Dich­ter, dass glat­ter Reim und Rhyth­mus lang­wei­lig sind: »Schau, obwohl der name / ‚anna ama­lia‘ aus dem jam­bus schert, / füg‘ ich ihn ein! Wer’s merkt, der mag mich rügen!« Der Dich­ter par­odiert Zeit­ge­nos­sen (»Dort gehen die hügel wie kühe ins tal«), und greift in CAFÉ den Käs­t­ner-Ton­fall auf und bringt ihn auf den Heine-Reim.

Natür­lich kom­men auch Cra­nach und Bür­ger­meis­ter Schwabe, der Zwie­bel­markt, Bach, »im über­maß ver­soff­ner wein« und arme Poe­ten vor, von denen Rei­mann gewiss man­ches Jahr einer war. Und wenn er sich in Goe­the-Worte ein­mischt, dann heißt es: »Tja, so siegt beim goe­the-bingo / übers verse-vie­ler­lei / mit schnor­zel­chen vom ginkgo / eine schnöde gärtnerei.«

Man darf mit dem Rei­mann­schen Liszt-Gedicht sagen: »es erns­tet und hei­tert / zu sel­bi­ger stund« in die­sem Buch auf für­treff­li­che Weise. Rai­ner Ilg (ein Genera­ti­ons­ge­fährte und Lands­mann Rei­manns) hat sepia­far­bene, schwung­volle Zeich­nun­gen bei­gege­ben. Die hal­ten gleich­falls die Waage zwi­schen getreuem Abbild und sanft sati­ri­scher Deutung.

 

  • Andreas Rei­mann: Poe­ten-Museum. Wei­mar-Gedichte mit Zeich­nun­gen von Rai­ner Ilg, 72 Sei­ten, Papp­band, quar­tus Ver­lag Bucha bei Jena, 2016, -,- €
Diesen Artikel teilen:

Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio

Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2024 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]

URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/9984-2/]