Stützerbach

Stüt­zer­bach ist ein stil­les Dorf, das sich elf Kilo­me­ter hin­ter Ilmenau zwi­schen zwei Berg­hän­gen ent­lang­zieht. Es ist bekannt für seine Glas­hüt­ten, die Her­stel­lung des Ther­mo­me­ters, der Ther­mos­kanne, der Glüh­lampe, für die Auf­ent­halte Goe­thes, eine Papier­mühle, als Zen­trum der Kneippthe­ra­pie und Ferienort.

Die Geschichte des Dor­fes beginnt um das Jahr 1500. Damals sie­del­ten sich Holz­fäl­ler, Flö­ßer und Schnei­de­mül­ler auf die­sem Fle­cken Land im Thü­rin­ger Wald an. Im Jahr 1660 wurde der Ort, der bis dahin zur Graf­schaft Hen­ne­berg gehörte, ent­lang des Flüss­chens Leng­witz geteilt. Von da an stand der öst­li­che Teil unter der Herr­schaft des Her­zog­tums Sach­sen-Wei­mar, der west­li­che war nun kur­säch­si­sches Gebiet und ab 1850 preu­ßisch. Das erklärt, warum es in Stüt­zer­bach zwei Kir­chen, zwei Pfarr­häu­ser, zwei Schu­len, zwei Fried­höfe und zwei Feu­er­weh­ren gab. Die Tei­lung wurde erst 1946 auf­ge­ho­ben. Ein­hei­mi­sche, so wird erzählt, sol­len bis heute von der »preiß’schen und weimar’schen Seit« reden.

Im wei­ma­ri­schen Teil, am Wald­rand, liegt in der Sebas­tian-Kneipp-Straße 18 das Goe­the­mu­seum. Es gehörte einst dem Glas­hüt­ten­be­sit­zer Johann Daniel Gun­del­ach. Seit Johann Wolf­gang Goe­the (1749–1832) im Jahr 1776 als Staats­mi­nis­ter in die Wei­ma­rer Regie­rung beru­fen und ihm vier Jahre spä­ter die »Direc­tion über alle Berg­wercks-Ange­le­gen­hei­ten in Unse­ren sämt­li­chen Fürst­li­chen Lan­den« über­tra­gen wurde, nahm er allein oder in Beglei­tung des Her­zogs Carl August meist in die­sem Haus Quar­tier. Mehr als zehn Mal kam er nach Stüt­zer­bach. Am 8. August 1776 schrieb er an Char­lotte von Stein:

Stüz­zer­bach Nachts bey Tisch. Ich hab heute den gan­zen Tag für dich gezeich­net, nicht immer glück­lich, aber immer warm. Heut aber sass ich wie­der hier auf dem Schloß­berg und hatte einen guten Augen­blick. Wie erwünscht lag eben der Son­nen­blick den Moment da ich auf­stieg im Thal wie ich ihn aufs Papier fes­seln mögt. – Ich muss nur für dich zeich­nen, du thust dazu was ich nicht machen kann.

Im Museum sind Goe­thes Wohn- und Arbeits­zim­mer, Stu­dien, Briefe und Zeich­nun­gen zu besichtigen.

In Stüt­zer­bach kam auch der Glas­blä­ser­sohn Bodo Kühn (1912–2012) zur Welt. Zu sei­nem Werk gehö­ren die bei­den Romane über die frü­here Glas­hüt­ten­sied­lung »Licht über den Ber­gen. Roman um das erste deut­sche Ther­mo­me­ter« (1955) und »Die glä­serne Madonna. Roman über Schick­sale ita­lie­ni­scher Glas­blä­ser in Thü­rin­gen« (1974).

Es war im Jahr 1876, als die ers­ten Gäste zur Kur nach Stüt­zer­bach reis­ten. 56 Jahre spä­ter grün­dete sich ein Kneipp­ver­ein. Es gab nun Arm­bä­der, Was­ser­tret­be­cken und die ers­ten Kneipp­kuren. Nach 1945 wurde der Ort zu einem Zen­trum der Kneippthe­ra­pie aus­ge­baut. Dort­hin reiste Jahre spä­ter auch Christa Wolf (1929–2011), ihre Ein­drü­cke schil­dert sie in einem Brief vom 13. Februar 1970 an Bri­gitte Reimann:

Im übri­gen danke Gott, das ich Dich bloß nach Mahlow und nicht gleich nach Stüt­zer­bach geschafft habe: Dies hier ist eine Stei­ge­rungs­form. Schrot­bröt­chen u. Schrot­suppe am Mor­gen, Knie‑, Nacken‑, Gesichts- und Arm­güsse tags­über und abends die Theo­rie dazu und Bunt­film­un­ter­ma­lung. Man ist wie auf einen ande­ren Stern gefal­len. Was uns vor­ges­tern noch wich­tig war und wor­über wir spra­chen, inter­es­siert hier kei­nen Men­schen. Ganz gelehrsam. 

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