In Abwandlung des Satzes »Das Vaterland ist ein physikalisches Rätsel. Man sieht sein Inneres besser von außen.« von Franz Carl Endres geben die Schriftsteller Jürgen K. Hultenreich (Berlin) und Wolfgang Haak (Weimar) einen literarischen Einblick in die Literaturlandschaft Thüringens.
Jürgen K. Hultenreich, geboren 1948 in Erfurt, lebt seit 1985 als freischaffender Schriftsteller und bildender Künstler in Berlin-Wedding. Mit »Die Schillergruft« (2013 Edition A. B. Fischer) hat er einen Roman vorgelegt, der die DDR von einer Seite zeigt, über die man auch heute noch wenig weiß. Es ist die Geschichte des Helden Georg Hull, der sich nach seiner Verhaftung wegen eines illegalen Grenzübertritts vor Gericht mit Schillerzitaten verteidigt und deshalb in die Psychiatrie eingewiesen wird, wo man mit Hilfe von Medikamenten und Elektroschocks ein Geständnis von ihm zu erzwingen versucht. Es ist eine eindrucksvolle Parabel auf eine kranke Gesellschaft, wie man sie selten in der deutschen Literatur findet. Kaum ein Roman von dieser erzählerischen Wucht ist bislang über die DDR geschrieben worden.
Neben dem Roman »Die Schillergruft« legte Jürgen K. Hultenreich mehrere Bände mit Erzählungen und Aphorismen vor. Hultenreich ist ein Flaneur. In Eckkneipen, auf der Straße, vorzugsweise im Berliner Wedding, laufen ihm die Geschichten und Bilder der Großstadt zu, die in seinen Texten zu eigenem Leben erweckt werden. Nicht zu vergessen sind seine Erzählungen, die im Erfurter Milieu spielen.
Wolfgang Haak, 1954 in Genthin geboren, lebt seit Anfang der 1970er Jahre in Thüringen. Neben seinem Beruf als Lehrer hat der Dichter und Prosasautor eine Reihe von Büchern mit poetischer Prosa in Kurzform vorgelegt. Titel wie „Lebensumwege“ oder „Treibgut – Warmzeit“ spielen auf Sujets an, die in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt sind und zugleich ihre Ränder ausloten. Zuletzt erschien von ihm der Roman »Zeitumstellung«.
In der Nacht zwischen Sommer und Winterzeit, in der die Uhren für eine Stunde stille stehn, zieht es Tobler, den unheldischen Helden des vorliegenden Romans, in die halb verfallene Ruine eines Mietshauses. Die leeren Räume füllen sich mit seinen Erinnerungen an eine vergangene Zeit in einem vergangenen Land. Augenblicke der Furcht und des Mutes, der Hoffnung und Verzweiflung verdichten sich in Alltagsgeschichten zu einem Panorama der DDR in ihrer Endzeit. Alles ist in Zwielicht getaucht, unentschieden zwischen Aufbruch und Untergang rücken die Bilder der Vergangenheit berührend und manchmal auch bedrückend nahe, plastisch und surreal wie im Traum. Hohes und Niederes vermengen sich, Komik und Tragik zugleich. „Damit wir uns nicht verirren in dieser Dunkelheit“ – dem Dunkel, aus dem wir kommen und dem wir zugleich unsere Lebenskräfte verdanken.
Eine Veranstaltung des Thüringer Literaturrates e.V. in Zusammenarbeit mit dem Verein für Heimatpflege e.V. Viersen. Die Veranstaltung findet mit freundlicher Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei in der Reihe »Literaturland Thüringen unterwegs« statt, in der der Thüringer Literaturrat regelmäßig Literatur aus und über Thüringen in anderen Bundesländern und außerhalb Deutschlands vorstellt.
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