Jutta Voigt liest »Stierblutjahre – Die Boheme des Ostens«
Jutta Voigt schwelgt in Erinnerungen: „Es ging darum, die DDR zu vergessen und doch bei ihr zu bleiben. Es ging darum, so gut wie möglich zu leben, heute, nicht morgen.… Es ging darum, in der Erstarrung die Bewegung nicht zu verlernen.“
Und sie zitiert ausführlich andere, die überhaupt nicht schwelgen, z.B. einen Ungenannten: „Wir haben nie wieder so viel Zeit gehabt wie damals, weil wir nicht wussten, wo wir die Dinge, die wir im Kopf hatten, anbringen sollten. Alkohol und Sex waren prägende Elemente dieses Alltags. Und dazwischen dauernd die Projektionen, die Sehnsüchte und Träume, was man machen müsste, was verhindert wird, und wie man es vielleicht doch machen könnte.“
Dieses Nebeneinander macht das Buch so lesenswert. Es erhebt keinen Anspruch auf Deutung. Es beschreibt eine Zeit, die weder schlimm war noch schön, sondern immer beides, nebeneinander, ineinander. Jutta Voigt bringt das Kunststück zustande, eine Sehnsucht zu erklären nach einer Welt, die es verdient hat, unterzugehen.
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