Walther von der Vogelweide – »Gêrhart Atze«

Personen

Walther von der Vogelweide

Christoph Schmitz-Scholemann

Anke Engelmann

Orte

Eisenach

Wartburg Eisenach

Thema

Jede Woche ein Gedicht

Autor

Walther von der Vogelweide

aus: Walther von der Vogelweide: Leich, Lieder, Sangsprüche, herausgegeben von Thomas Bein, Berlin/Boston 2013., aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt und nachgedichtet von Christoph Schmitz-Scholemann.


Die Audio­fas­sun­gen singt und liest Anke Engelmann.

 

Mir hât hêr Gêr­hart Atze ein pfert
erschoz­zen zÎsenache.
daz klage ich dem, den er bestât:
derst unser bei­der voget.
Ez was wol drîer marke wert.
nû hoe­ret frömde sache,
sît daz ez an ein gel­ten gât,
wâ mit er mich nû zoget:
Er seit von grô­zer swaere,
wie mîn pfe­rit maere
dem rosse sippe waere,
daz im den vin­ger abe
gebi­z­zen hât ze schanden.
ich swer mit bei­den handen,
daz si sich niht erkanden. –
ist ieman der mir stabe?

 

 

Mir hat Herr Ger­hart Atze
mein Pferd erschos­sen zu Eisenach.
Ich zog sogleich vor das Gericht,
Und wer da saß, ihr glaubt es nicht:
Ein Mann aus dem Regierungsamt,
in des­sen Dienst – Herr Atze stand.
Drei Gold­mark war das Pferd wohl teuer.
Was nun geschah, war ungeheuer,
hört, wie sich der Herr Atze wand,
als es ans Zah­len ging. Er hob die Hand
und sagte, dass meine liebe Mähre
ver­wandt mit einem Pferde wäre,
das ihm den Fin­ger einst­mals ab
gebis­sen hat. Ich schwör bei mei­ner Ehre,
dass die angeb­lich verwandten
Pferde sich nicht mal kannten.
Doch steh ich ohne Zeugen.
So muss das Recht sich beugen.

Nach­dich­tung: Chris­toph Schmitz-Scholemann.

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